Beim Thema Rasputin spielt spontan eine Film-Szene aus meiner Erinnerung vor meinem geisigen Auge: Rasputin scheint zuhause in der Küche gerade etwas zu essen, als eine stattlich gekleidete Person, die wie eine Fürstin oder Gräfin wirkt, die Wohnung betritt und in einiger Entfernung unschlüssig stehen bleibt. Rasputin blickt wortlos zu ihr hinüber, als die Person Anstalten macht, nicht nur ihre Handschuhe auszuziehen, sondern sich zu entkleiden; Rasputin schaut einige lange Augenblicke interessiert zu, um dann zu sagen: "Gräfin, Sie müssen sich geirrt haben - wir sind hier keine Bade-Anstalt." Da über Rasputin außerdem viel gerätselt und geschrieben wurde, zitiere ich hier einen interessanten Beitrag von Samael Aun Weor aus seinem Buch "Das Mysterium des Goldenen Blühens". Er vertritt die Auffassung, daß man die Essenz seiner Seele in lauter egoistischen Ichs (Ich-Teufeln) verzetteln kann. --- Ich möchte die grundlegende Idee betonen, die wir wie folgt formulieren müssen: Die großen Verführer zur Ausschweifung und Unzucht gehören viel eher zum Typ eines Casanovas als zum berühmten Don Juan. Wenn der durchtriebene Typ des Don Juan seine gesamten Liebesbenteuer im bösen, egozentrischen Spiegel seiner raffinierten Fantasie in der widerlichen Absicht reflektiert, die Frau zu erniedrigen, sie gemein herabzusetzen, sie pervers durch einen leidenschaftlichen Sexualakt ohne Wiederholung im heftigen Stoß zur Sünde anstiftet, zu vergewaltigen und zu entehren, ist das zweifellos eine besondere Form des Hasses des Mannes gegen die Frau. Durch das Gesetz der Gegensätze dominiert im Casanova-Typ das lüsterne Verlangen nach sexueller Faszination, das ausschließlich auf den natürlichen instinktiven und sentimentalen Impulsen basiert. Unglücklicherweise sind solche Personen unersättlich, leiden selbst und fügen anderen Leid zu. Der Casanova-Typ ist eine Art "Meister im Verführen" von Frauen. Er scheint die Gabe der Allgegenwart zu besitzen, denn man sieht ihn überall, bald hier, bald da und dann wieder dort. Er ist wie ein Seemann, der in jedem Hafen eine Braut hat. Oft verlobt er sich und schwört ewige Liebe... 1m Gegensatz zum raffinierten sexuellen Sadismus eines Don Juan finden wir im Casanova-Typ einen vernunftbegabten Homunkulus, der in den Betten der Lust der unerträglichen Langeweile seiner eigenen Existenz entfliehen möchte. Eine andere Art des Frauenverführers, der glücklicherweise selten anzutreffen ist, kann zu Recht als "teuflischer Typ" bezeichnet werden. Einer der echtesten Vertreter dieses unheimlichen Typs war ohne Zweifel der Mönch Gregor Rasputin: Ein merkwürdiger Asket, leidenschaftlich dem Jenseits zugetan, ein ungebildeter bäurischer Hypnotiseur in religiösem Habit. Mit aller Deutlichkeit fällt auf, daß die despotische, magische Kraft des "heiligen Teufels" Rasputin einzig und allein auf seine gewaltige sexuelle Potenz zurückzuführen war. Der Zar und die Zarin fielen vor ihm auf die Knie und glaubten, dieser unselige Mönch sei ein lebendiger Heiliger. Dank des französischen Magiers Papus (Dr. Encause), des Leibarztes der Zarenfamilie, waren die Herrscher Rasputin sehr gewogen. Waldemar sagt: Am aufschlußreichsten sind die diplomatischen Memoiren des damaligen französischen Botschafters in St. Petersburg, Maurice Paleologue, die in der Zeitschrift "Revue des Deux Mondes" veröffentlicht wurden. Der Botschafter beschreibt eine Geisteranrufung durch den berühmten französischen Okkultisten Papus (Dr. Encause), die auf ausdrückliichen Wunsch der Zaren erfolgte. Der Grund für diese Séance waren die revolutionären Unruhen von 1905. Papus sollte die Revolte durch einen großen Exorzismus in Gegenwart des Zaren, der Zarin und dem Gehilfen, Hauptmann Mandryka, beschwören. Paleologue, als Bürge für Papus, mit dem er freundschaftliche Beziehungen unterhielt, berichtet weiter: Durch intensive Konzentration seines Willens und eine enorme Steigerung seines dynamischen Fluidums gelang es dem Magier, das Phantom des sehr frommen Zaren Alexander III. anzurufen. Untrügliche Zeichen bestätigten die Gegenwart des unsichtbaren Geistes ... Trotz der Furcht, die sein Herz erfüllte, fragte Nikolaus II. seinen Vater, ob er auf die liberale Strömung, die Russland wegzufegen drohte, reagieren sollte oder nicht. Das Phantom antwortete: Du musst die beginnende Revolution um jeden Preis im Keim ersticken. Aber eines Tages wird sie erneut ausbrechen und umso gewaltsamer sein, je härter die gegenwärtige Unterdrückung ist. Aber das ist nicht wichtig! Nur Mut, mein Sohn! Kämpfe weiter! Der weise Waldemar berichtet weiter: Der Zar war bekannt dafür, daß er an Geister glaubte, und brachte daher einem Mann zwangsläufig großes Interesse entgegen, dem, wie Rasputin, ein großer Ruf als Wunderheiler vorausging". Der Bauernmönch stammte auch aus dem Kreis der im damaligen Russland sehr verbreiteten sogenannten Dorfmagier und besaß dank seiner außergewöhnlichen sexuellen Potenz einen derart starken Vital-Magnetismus, daß er wie eine Urkraft wirken mußte, die über die teilweise schon degenerierten Adelskreise von St. Petersburg hereinbrach. Eine seiner ersten beeindruckenden Taten am Hof war die magnetiische Behandlung des Thronerben, der an der Bluterkrankheit litt. Es gelang ihm, die Blutungen zu stoppen, was die Ärzte vorher nicht erreicht hatten. Der weise Waldemar fährt fort: Von da an zitterten vor ihm die Großherzöge, die Minister und die ganzen adeligen Hofschranzen, denn der Umstand, daß er das Leben des Zarewitsch in seinen Händen hielt, hatte ihm das grenzenlose Vertrauen des Zaren und der Zarin eingebracht. Und dieses Vertrauen wußte er sehr wohl zu seinem Vorteil zu nutzen; nach seinem Gutdünken beherrschte er die Zaren und somit auch Russland. Als er immer mächtiger wurde, beschloß eine Gruppe von Gegnern aus hohem Adel und in wichtigen Positionen unter der Führung des Prinzen Jussupov und des Großherzogs Pawlowitsch, den lästigen "Wundermönch" zu beseitigen. Anläßlich eines Abendessens im Palast des genannten Prinzen wurden dem eingeladenen Mönch Speisen und Getränke serviert, die mit einer derart hohen Dosis Zyankali vergiftet waren, die genügt hätte, zwanzig oder mehr Menschen innerhalb von Sekunden zu töten. Rasputin indes aß und trank mit zunehmendem Appetit und das Gift schien auf ihn überhaupt nicht zu wirken. Die Verschwörer wurden unruhig und ermutigten den Verhaßten, mehr zu essen und zu trinken. Doch nichts passierte, das Gift hatte keinerlei Macht über den Wundermönch - ganz im Gegenteil: Der Verfluchte schien sich immer wohler zu fühlen. Die Verschwörer einigten sich in der Folge, daß Jussupov ihn mit einer Pistole töten sollte. Der Prinz schoß, Rasputin stürzte mit dem Gesicht nach unten zu Boden und die Verschwörer hielten ihn für tot. Jussupov, der den Mönch in die Brust getroffen hatte, schickte sich an, ihn umzudrehen. Der Prinz erschrak zu Tode, als ihm Rasputin einen Stoß versetzte, aufstand und mit scbweren Schritten versuchte, den Raum zu verlassen. Nun schoß der Verschwörer Purischkjewitsch viermal auf Rasputin, der erneut zu Boden stürzte, aber wieder aufstand und nun vom wütenden Purischkjewitsch durch Stockhiebe und Fußtritte so lange geschlagen wurde, bis er endgültig tot schien. Rasputins Lebenskraft war indes so stark, dass er noch immer Lebenszeichen von sich gab, als die Verschwörer seinen stämmigen Körper in einen Sack steckten, diesen zubanden und von einer Brücke in die eisige Newa warfen. Das war das tragische Ende eines Mannes, der die völlige Selbst-Verwirklichung hätte erreichen können. Leider verstand es der Mönch Gregor Rasputin nicht, die gewaltige sexuelle Potenz, die ihm die Natur mitgegeben hatte, weise zu nutzen und stieg auf die Ebene niedrigster Sinnlichkeit herab. Eines Nachts beschloß ich, über den entkörperten Rasputin direkte Nachforschungen anzustellen. Da ich alle psychischen Funktionen des Eidolon (Astralkörpers) eines wahren Menschen gründlich kenne, fiel es mir nicht schwer, die magische Verdoppelung zu erreichen. Bekleidet mit diesem siderischen Körper, über den Theophrastus Bombastus Aureolus von Hohenheim (Paracelsus) so viel spricht, verließ ich meinen physischen Körper, um mich in der fünften Dimension der Natur, in der Astralwelt, frei zu bewegen. Was ich mit dem Raumsinn (dem Auge des Horus) wahrnahm, war gauenhaft. Ich erwähne mit Nachdruck, daß ich in eine fürchterliche Spelunke eindringen mußte, in der nur volle Weinfässer zu sehen waren, zwischen denen zahlreiche abstoßende, an Menschen erinnernde Figuren herumtorkelten. Ich suchte Rasputin, den heiligen Teufel, ich wollte mit diesem eigenartigen Menschen sprechen, vor dem so viele Prinzen, Grafen, Herzöge und Fürsten des russischen Adels gezittert hatten. Aber statt eines Ichs sah ich deren viele, die alle zusammen das Ego selbst des Mönchs Gregor Rasputin bildeten. Vor meinem geistigen Auge sah ich, in Gegenwart meines kosmiichen Seins, eine Menge von Teufeln, ein pluralisiertes Ich, in dem nur ein einziges würdiges Element existierte: die Essenz. Da ich keine verantwortliche Person finden konnte, wandte ich mich an eine dieser abscheulichen, grotesken Kreaturen, die in meine Nähe kam: "Hier ist also der Ort, an dem du gelandet bist, Rasputin. Dies ist das Resultat deines ungezügelten Lebens und deiner vielen Orgien und Laster". "Du irrst, Samael" - antwortete das scheußliche Geschöpf, wie um sich zu verteidigen. Dann fügte es hinzu: "Dir fehlt die Linie der Intuition." "Rasputin, mich kannst du nicht täuschen" waren meine letzten Worte. Dann zog ich mich aus jener finsteren Lasterhöhle zurück, die im Limbus, oder Orkus der klassischen Antike, in der Vorhölle des untergetauchten Mineralreiches liegt. Hätte Rasputin in seinem Leben nicht so viele karitative Werke vollbracht, befände er sich heute in der zeitlichen Involution im Reiche Plutos in den untergetauchten Welten unter der Oberfläche der Erde. Viele Jahre sind inzwischen vergangen und ich meditiere weiter: Noch immer besitzen die Menschen keine echte Individualität und das Einzige, was nach dem Tod weiter besteht, ist eine Schar von Teufeln. Was für ein Horror! Teuflische Ichs ... jeder einzelne unserer psychoologischen Defekte wird durch eines dieser abscheulichen dantesken Wesen repräsentiert. ---